Die Rauhnächte - verlorene, dunkle Tage zwischen den Jahren

Die beste Zeit für Krimis und kreative Schreibübungen


von Gudrun Bendel


Traditionell gelten die zwölf Tage und Nächte zwischen Weihnachten (25. Dezember) und dem Dreikönigstag (6. Januar) als Rauhnächte. Mancherorts beginnen die Rauhnächte auch schon zur Wintersonnenwende am 21. Dezember und enden am 1. Januar. Welche Zeitspanne man sich auch aussucht, es bleiben zwölf Nächte. Bei den Rauhnächten vermischen sich uralte Bauernweisheiten und Naturbeobachtungen mit Ritualen und Brauchtum. Wichtige Rituale sind z.B. das Räuchern, das Orakeln und der Blick auf Vergangenes und Zukünftiges. 

Die Etymologie des Wortes Rauhnacht deckt mehrere Bedeutungen auf: Zum einen ist das Wort “Rauware” im Mittelalter ein anderes Wort für Pelzwaren. Die Rau(h)nächte könnten sich aber auch vom “räuchern” ableiten, was traditionell heute noch in manchen Vieh-Ställen zelebriert wird. Salbeirauch beispielsweise wirkt desinfizierend.

Einfacher erklärt, sind es die sehr rauen Winternächte, in denen Kälte und Frost, Schnee, Sturm und Finsternis den Menschen plagen und ängstigen. Wenn eiskalter Wind nachts um das Haus fegt, wer glaubte in früheren Zeiten da nicht an Spuk, Heimsuchung und Orakel? In dieser “Mittwinterzeit” geht vielen Sagen nach die “Wilde Jagd” um und verschwindet erst wieder am 06. Januar im Totenreich. 

Eigentlich sind die Rauhnächte ein perfektes Setting für einen Krimi?! Oder um gemütlich bei heißem Tee und Kerzenschein, Krimis zu lesen.


Vorbereitung auf die Rauhnächte

Zur Vorbereitung auf die Rauhnächte – also vor dem 25. Dezember sollte man aufräumen und putzen, geliehene Sachen zurückgeben und sich bei den Menschen, die einen durch das Jahr begleitet haben, mit einer Aufmerksamkeit bedanken. Dazu gehört auch, dass man die Natur ehrt und Vögel und andere Tiere füttert. (Üblicherweise stellt man auch dem Hausgeist ein paar Kekse vor die Tür.) Wer mag, kann das Alte ausräuchern und danach kräftig lüften. Dann aber, dann sollten wirklich alle Räder still stehen. Die tägliche Arbeit soll ruhen. Denn in den kommenden zwölf Nächten bewegt sich das Schicksalsrad in eine neue Ordnung, in das neue Jahr hinein. Was wünschen wir uns für das neue Jahr? Was wird das neue Jahr bringen? Wollen wir ein bisschen orakeln?


Rauhnacht-Orakel mit Stift und Papier

Wer mag, kann in jeder der zwölf Tage Nächte, im Schein einer Kerze ein Blatt Papier nehmen und den Tag beschreiben:

Wie war das Wetter? Wie war die Stimmung? Welche Menschen sind einem begegnet? Welche Post ist gekommen? Was war besonders auffällig? Welche Tiere, Zeichen und Botschaften waren zu sehen? Wofür ist man dankbar? Achtet vor allem auf die Kleinigkeiten. Dann verseht die Seite mit dem Datum der Rauhnacht und legt sie beiseite. Sammelt alle zwölf Seiten in einer guten Mappe, an einem besonderen Ort. Erst Ende Januar holt ihr das erste Blatt wieder hervor und vergleicht die Seite mit dem gelebten Monat Januar. Was ist eingetroffen?

Denn jedes der zwölf Blätter steht für einen Monat im kommenden Jahr. Eine alte Bauernregel besagt, dass das Wetter in den zwölf Rauhnächten bestimmend war für das Wetter der kommenden zwölf Monate im neuen Jahr.

Weder bin ich Fachfrau für altes Brauchtum noch für Esoterik. Aber Rituale wie das Räuchern oder achtsames Schreiben führen zu Reflektion und Balance und damit zu Kreativität. Warum nicht in der dunkelsten Zeit des Jahres das eigene Leuchten wieder entfachen? Warum nicht ein bisschen Zauber und Magie versprühen?


Dankbarkeits-Tagebuch

Ein anderes Ritual während der Rauhnächte könnte das Führen eines Dankbarkeits-Tagebuches sein. Was war gut heute? Schreibe und meditiere darüber. Dankbarkeit bringt Ruhe und Zuversicht. Zünde eine Kerze an und erkenne, dass Kreativität in dir leuchtet.

Aber das rituelle Schreiben “zwischen den Jahren” sollte im Dunkeln bei wenig Licht und vor allem nachts passieren. Lass die Erfahrung der anderen Schreibzeit wirken.

Verbrennen von altem Kummer

Ein weiteres Ritual kann das Verbrennen von altem Kummer sein. Schreibe dazu stichwortartig auf, was im letzten Jahr schlecht lief. Aber  nicht mehr als eine Din A4 Seite. Achte auf dich und verliere dich nicht im Kummer! Dann geh nach draußen (Balkon und Terrasse sind auch okay) und halte ein Streichholz an die Liste. Verbrenne den alten Kummer! Schau zu, wie er sich in Rauch auflöst! Und proste dir selbst zu.


Räuchern

Das Räuchern gehört zu den Rauhnächten wie kein anderes Ritual.  Räuchere deinen kreativen Arbeitsbereich, das Schreibzimmer, Schreibtisch, Tastatur, Stifte, etc. Verbrenne ein bisschen Salbei in einer feuerfesten Schale, wenn du kein Räucherwerk zur Hand hast. Und ein Räucherstäbchen tut es auch. Verteile den Rauch in jede Ecke und auch unter Regale, Schränke und Tische. Bitte vorher und nachher gut lüften.

Bevor es ans Räuchern geht: Schreib auf was gehen darf und lade ein, was den Raum einnehmen soll. Ein Beispiel: “Stress und Termindruck lösen sich nun in Rauch auf. Ich bitte Muße und Entspannung einzuziehen”. Räucherrituale sind während der Rauhnächte traditionell wichtig. Haus und Hof sollen von schlechten Energien befreit werden und geschützt werden. 


Glücksglas

Kein unbedingtes Rauhnachts-Ritual aber ein stimmungsvolles Glücksritual gegen den Winterblues: Das Glücksglas! Nimm ein leeres Marmeladenglas (mit Deckel) und beklebe es in einer der Rauhnächte - ganz bunt und schön. Dekoriere es und schmücke es! Denn das wird dein Glückstopf für das kommende Jahr. Alles, was dich in den kommenden Monaten glücklich macht, wird auf einen kleinen Zettel geschrieben und hineingesteckt. Was für ein Schatz! Immer greifbar und mit großer Kraft.

Und in einem Jahr - während der nächsten Rauhnächte - kann man dann das Glück des ganzen Jahres Revue passieren lassen.


Dialog-Brief

Ein ganz besonderes Ritual, eine sehr nachhaltige Schreibübung - passt ebenfalls gut in die Rauhnächte.

Allerdings braucht man ungestörte Zeit dazu. Mindestens 2 x 45 Minuten Schreibzeit. Schreibe einen Brief an einen Menschen, mit dem du Klärungsbedarf hast. Schreib alles auf!   Gib dir Mühe, einen guten Brief zu schreiben, ohne verletzend oder bitter zu werden. Drücke dich klar aus, lasse Respekt und Höflichkeit erkennen. Dann nimm dir eine kurze oder längere Pause, atme durch und wechsle den Platz. Der Platzwechsel ist wichtig! Dann schreibe aus der Sicht des Briefempfängers eine Antwort an dich. Formuliere genauso behutsam und gewissenhaft und lass den Prozess auf dich wirken.  

Für alle, die tiefer in das Thema Rauhnächte einsteigen möchten: Es gibt eine Menge Literatur dazu. Das Gleiche gilt für die Kunst des Räucherns.

Die Rauhnächte sind in ihrer Tradition eine gute und weise Zeit, um sich auf die Vergangenheit und das Zukünftige zu konzentrieren und kreative Energie zu tanken. “Im Winter bestellen wir unseren inneren Garten”, so Rainer Maria Rilke. Mögen unsere kreativen Gärten im kommenden Jahr blühen und gedeihen.