Drei Fragen an ... Bettina Kerwien

04.06.2021 - Bettina Kerwien schreibt seit frühester Kindheit und sie kann sich noch sehr gut an ihre Anfänge erinnern …

Seit wann schreibst du und weißt du noch, wie es zu deiner ersten Veröffentlichung kam?

Ich schreibe quasi »schon immer« und hatte auch schon früh erste Publikumserfolge, denn meine Cousine fürchtete sich noch jahrelang vor einem von mir erfundenen Geist im Kindergarten. Auf dem Gymnasium hatte ich eine tolle Englisch-Lehrerin, also studierte ich Amerikanistik. Durch verschiedene Zufälle landete ich beruflich im Stahlbau. 2005 meldete ich mich zu einem Volkshochschulkurs »Writer's Coaching« bei Claudia Johanna Bauer an. Zur der Zeit hatte ich einen Roman im Kopf, aber keinerlei Handwerkszeug, um ihn aufs Papier zu bringen. Der Text nahm dann über einen Zeitraum von 10 Jahren Gestalt an.
Ein Kollege aus dem VHS-Kurs nahm das überarbeitete Manuskript zum Probelesen mit in den Urlaub an die Ostsee. Im Standkorb nebenan saß auch ein Mann mit einem Manuskript. Die beiden kamen ins Gespräch. Der andere war ein Verleger. Sie tauschten die Manuskripte aus. Es endete damit, dass der Verleger mir einen Agenten vermittelte, Elmar Klupsch von Bookabook. dDer Agent fand dann den Gmeiner-Verlag. Mein RAF-Roman »Machtfrage« erschien 2015 in der Reihe zeitgeschichtlicher Krimis.

Hast du einen bevorzugten Stil bei Krimis? Und findet man diesen in deinen Romanen wieder?

Ich bin ein Fan der angelsächsischen Schreibtradition á la Raymond Chandler. Chandler ist für mich der Größte. Ich glaube aber, dass das heutige Publikum im Unterhaltungsliteraturbereich sich nicht mehr mit dem einen oder anderen Stil abspeisen lässt. Der Held darf gern hard boild sein, aber wenn er nicht am Ende cozy aufgefangen wird, dann fehlt auch etwas. Und der Thrill darf natürlich überhaupt nicht fehlen. Den Leser langweilen ist eine Todsünde! Das ist nur meine Theorie, ich sage nicht, dass mir das gelingt - aber ich versuche, diese Elemente in der Planung zu berücksichtigen. Meine Helden sind immer ein bisschen verloren. Das brauche ich auch, damit ich mich in sie einfühlen kann.

Du schreibst auch für die Krimibuchreihe „Es geschah in Berlin“. Zuletzt erschien von dir in dieser Reihe „Tot im Teufelssee“. Worum geht es darin?

Das Buch spielt 1976, es ist Band 34 der Reihe »Es geschah in Berlin«, die Sozialkrimi-Legende Horst Bosetzky erfunden hat. Im Teufelssee in Berlin-Grunewald wird ein totes Kind gefunden – eine Spätabtreibung und somit Mord. Es ermittelt die 6. Mordkommission, Peter Kappe und Wolf Landsberger. Der studierte Psychologe Peter Kappe ist der Großneffe von Hermann Kappe, des ersten Kommissars in der Kappe-Dynastie.
»Tot im Teufelssee« thematisiert die Gleichstellung der Frau in den Siebzigern und die Wut, die sich aus der allgegenwärtigen »gläsernen Decke« und sonstiger Repressionen ergab. Als 1949 das Grundgesetz verabschiedet wurde, enthielt es einen Gleichstellungsgrundsatz. Diesem widersprach jedoch das Ehe- und Familienrecht, nachdem Ehefrauen nicht voll geschäftsfähig waren. Der Ehemann war der Eheherr der Frau, er war für die Finanzen verantwortlich, eine Ehefrau konnte allein kein Konto eröffnen und auch nicht allein einen Arbeitsvertrag unterschreiben. 1976 wurde eine Reform verabschiedet, die 1977 in Kraft trat. Ebenfalls 1976 wurde der Abtreibungsparagraph 218 reformiert und das erste Frauenhaus der Bundesrepublik eröffnet.

Mehr über Bettina Kerwien: Zum Autorinnenprofil.

Homepage: https://bettinakerwien.de

(Die Fragen stellte Sybille Baecker.)

Aktuelle Neuerscheinung: 
Tot im Teufelssee
- Ein Kappe-Krimi
Bettina Kerwien
Jaron Verlag
ISBN 978-3-89773-873-7