Lesungshonorare: Von gerechter Vergütung weit entfernt

 

 

 

 

In keinem anderen Land der Welt ist die Lesung als Literaturvermittlung so beliebt wie in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Doch die wenigsten Autoren und Autorinnen erhalten eine gerechte Vergütung für ihre Leistungen, so die repräsentative Umfrage des NETZWERK AUTORENRECHTE

Über 3.000 Lesungsveranstaltungen wird es während der Leipziger Buchmesse 2018 geben. Die meisten Autoren und Autorinnen erhalten für diese Arbeit kein Honorar – bei Buchmessen oft eine »Branchenüblichkeit«. Doch auch jenseits der Buchmessen hat die gerechte Vergütung für die Vortragsarbeit der Autoren und Autorinnen Seltenheitswert, so die repräsentative Umfrage (1) des NETZWERK AUTORENRECHTE (2).
652 professionelle Schriftsteller und Schriftstellerinnen gaben Auskunft über Vergütung und Bedingungen ihrer Lesungen. -> Hier geht's zu den Ergebnissen

Die Erhebung zeigte, dass den vom Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS) empfohlenen Mindestsatz von 300 Euro oft nur renommierte Autoren und Autorinnen oder Bestseller-Namen erhalten. Die Durchschnitts-Gagen für das Gros der schreibenden Zunft liegen zwischen 178 bis 196 Euro, nur jeder dritte bekommt die nötige Übernachtung oder Anreise bezahlt. Für die wenigsten sind Lesungen ein Erwerbsfaktor, als Ausnahme gelten Viel(vor)leserinnen wie Kinder- und Jugendbuchautoren.

Während sich der Gender Pay Gap (3) schließt (Männer erhalten durchschnittlich 206 Euro, Frauen 190), so öffnet sich die Schere zwischen Jungen und Älteren: Jüngere mit niedriger Gagenforderung werden häufiger gebucht als Über-60jährige, die den Mindestsatz verlangen. »Wir hören vermehrt, dass Autoren und Autorinnen kein Honorar für ihre Vortragsarbeit, auch bei kostenpflichtigen Veranstaltungen, angeboten wird«, so Eva Leipprand, Bundesvorsitzende des VS. »Die Rechtfertigungen reichen, von ‚kein Etat’ bis hin zu ‚ist doch Werbung für dich’. Auf diese Weise subventionieren Schriftsteller die lokale Kultur, aber bleiben selbst auf der Strecke.«

»Werbung ist keine verlässliche Währung«, ergänzt Nina George, Beirätin des Bundesvorstands. »Von der Kommune kurz gehaltenen Kulturbetrieben oder von ehrenamtlichen Veranstaltern wird zu oft an den guten Willen der Autoren und Autorinnen appelliert. Niedrigpreise aber sollten freiwillige Ausnahmen, nicht die erzwungene Regel sein.«

»Eine Lesung ist immer auch eine Dienstleistung, die sorgfältige Vorbereitung und Arbeitszeit umfasst«, so Janet Clark, Präsidentin der Mörderischen Schwestern und Jugendbuchautorin. »Eine gute Lesung ist der wesentlichste Beitrag zur Leseförderung: Gerade junge Menschen entdecken über Lesungen ihr Interesse für Literatur.«

Der Leiter der Umfrage, das SYNDIKATs-Sprecherratsmitglied Daniel Carinsson, stellte fest: »Viele Kollegen und Kolleginnen ‚verkaufen‘ sich auch unter Wert«. Im Schnitt gingen die meisten mit 257 Euro als Gagenforderung in die Verhandlungen, bei Jüngeren sei der Hang zur Selbstausbeutung sehr hoch.

Dabei gäbe es durchaus Anlass für mehr Selbstvertrauen: In keinem anderen Land der Welt ist die Lesung als Literaturvermittlung so beliebt wie in Deutschland. Literaturfestivals, Lesungen in Buchhandlungen oder Schulen: Lesungen entwickeln sich zu Events, die die Literatur in die Mitte der Gesellschaft bringen, Gelder und lokale Attraktivität im Städte-Topos generieren, und einen essentiellen Ausgleich zu der Leseflucht im digitalen Alltag liefern.

Das sollte Veranstaltern und Kommunen etwas wert sein

 

Für das NETZWERK AUTORENRECHTE:

Eva Leipprand,VS-Bundesvorsitzende; Nina George, Mitglied im VS Bundesvorstand;       

Janet Clark, Präsidentin Mörderische Schwestern; Jens J. Kramer , Das Syndikat, Sprecherteam

Daniel Carinsson, Das Syndikat, Sprecherteam und Leiter der Umfrage


                                                           


(1) Die repräsentative Erhebung wurde von Daniel Carinsson
(Autor, Sprecherteam Das Syndikat) konzipiert und ausgewertet

(2) Dem NETZWERK AUTORENRECHTE gehören
elf Schriftstellerverbände an, www.netzwerk-autorenrechte.de

(3) Umfragereihe seit 2014 des Das Syndikats

Engagiert euch! Gebrauchsanweisung für Wort-Aktivistinnen.

Gebrauchsanweisung für angehende Wort-Aktivistinnen:

 

Zusammengefasst hier einige Tipps, wie du ebenfalls für deine Rechte und Interessen aktiv werden kannst, ohne gleich Jura zu studieren oder auf Panels zu debattieren.

Von Nina George

Photo: Privat

Für Rookies:

  • Like und/oder abonniere auf Facebook und Twitter diese (autorenpolitischen) Initiativen und Aktionen, die die Mörderischen Schwestern mitbegründet haben:

https://www.facebook.com/fairerbuchmarkt/

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  • Erweitere deine Facebook- und Twittergewohnheiten um die Lektüre der Tätigkeiten dieser Verbände und Initiativen:

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https://twitter.com/PEN_Deutschland

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  • Lies die Artikel von KollegInnen, Mörderischen Schwestern und anderen AktivistInnen auf

http://www.fairerbuchmarkt.de

http://www.netzwerk-autorenrechte.de

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Für Fortgeschrittene:

  • Informiere dich bei der Initiative Urheberrecht oder Webschauder über aktuelle politische Entwicklungen. Auch Tarnkappe.de oder Heise.de können Infoquellen sein; sei dir bewusst, dass sie den Urheberrechten nicht so freundlich gegenüberstehen.

http://urheber.info

http://www.webschauder.de

Für Profis:

  • Schreib deinem lokalen Abgeordneten einen Brief. Erzähl ihm von E-Bookpiraterie. Oder davon, was bei einem Buch bei dir ankommt. Über Veranstalter, die ständig wollen, dass du umsonst liest. Erzähle von dir. Mach das höflich, respektvoll und differenziert. Deine Wahlkreis-Abgeordnete findest Du unter http://www.bundestag.de/abgeordnete18/   Kontaktadressen und eMail-Adressen findest du, wenn du auf den Namen klickst.

Für Unerschrockene

  • Melde dich bei Janet, Anja oder Nina, wenn du z.B. bereit wärest, einmal mit zu einem parlamentarischen Abend zu gehen und über deine Arbeit zu sprechen. Oder wenn du mal Gasthörerin sein willst bei den Sitzungen der Initiative Urheberrecht in Berlin. Oder mal eingeladen werden willst auf Urheberrechtskonferenzen – ob als Zuhörerin oder gar Panelistin.
  • Vielleicht willst du ja auch mal Resolutionen auf Lesbarkeit prüfen. Oder der Netzwerk-Autorenrechte-Beauftragten Janet dich als Stellvertreterin anbieten. Oder auf Zuruf bei einer Recherchearbeitsgruppe mitmachen, um z.B. Umfragemodule zu erdenken. Oder eine Recherche tiptop zu machen. Oder um auf Buchmessen bei Panels, die wir organisieren, eine helfende Hand zu reichen.
  • Schreibe Artikel für Fairer Buchmarkt.
  • Veranstalte in deinem Ort bei Festivals politische Gespräche, zum Beispiel darüber, wie die digitale Welt Möglichkeiten schafft, aber welche Risiken und Nebenwirkungen sie mitbringt.
  • Bedanke dich in deinem Nachwort bei jenen, die an dem Werk mitarbeiteten und auch bei den LeserInnen, dass sie dieses Buch kauften und sich nicht über ein Piratenportal besorgten.
  • Lade andere Kollegen und Kolleginnen auf deinen Blog, deine Radioshow ein, stelle ihnen Fragen zu ihrem Berufsalltag und wo er erschwert wird.
  • Rede mit Bibliothekarinnen bei Lesungen darüber, dass digital ausgeliehen zu werden großartig ist – aber gekauft werden noch viel besser.

Oder… ach, es gibt immer auch Kleinigkeiten im Hintergrund.

Und größeres im Vordergrund.

Typsache.

 

georgeninaⒶyahoo.de

praesidiumⒶmoerderische-schwestern.eu

 

Für Besserwisserinnen

  • Gib Feedback. Gerne wohlwollend, aber furchtlos und konstruktiv.

Netzwerk Autorenrechte: Neun Schriftsteller-Verbände gründen Literaturlobby

Das Netzwerk Autorenrechte kämpft künftig gemeinsam für die Belange von Autorinnen und Autoren

Rückschläge beim Urhebervertragsrecht, Stagnation bei der Regulierung von Plattformen, Aufschwung der Piraterie: Vor diesem Hintergrund wurde am 2. Oktober 2016 in Berlin auf den Impuls der Schriftstellerin und Literaturaktivistin Nina George eine neue, starke Lobby für Buchautorinnen und -autoren konstituiert: das Netzwerk Autorenrechte, gegründet von den größten deutschsprachigen Schriftsteller- und Schriftstellerinnenorganisationen, darunter das PEN-Zentrum Deutschland, der Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS), das Syndikat und die Mörderischen Schwestern e.V.  

Die erklärten gemeinsamen Ziele der Initiative sind Intensiver Austausch, verbandsübergreifende Kooperationen und Erklärungen sowie eine repräsentative und starke Stimme gegenüber Politik und Branchenakteuren bei der Vertretung der Rechte von (Buch)-Autorinnen und Autoren. Das Netzwerk repräsentiert über 7000 Autorinnen und Autoren der Literaturbranche. Die erste gemeinsame Erklärung des Netzwerk Autorenrechte zum Regierungsentwurf zum Urhebervertragsrecht fordert ein klares Bekenntnis zu fairen Konditionen für Berufskünstlerinnen und -künstlern. Die Erklärung, wie auch weitere Informationen sind auf der Homepage www.netzwerk-autorenrechte.de  einsehbar.
Durch die Vielfalt der Sichtweisen bei den verschiedenen Organisationen ist hierbei gewährleistet, dass die Interessen der etablierten, als auch der Jung-Autoren, der Literaten, Sachbuch- und Genreautoren oder auch Hybridautoren wie Selfpublisher gleichermaßen Gehör finden. Dabei bringt jeder Verband seine Wissens- und Aktivitätsschwerpunkte zielgerichtet in die gemeinsame Arbeit ein.
Bücher sind nicht nur Ware, sondern Kulturgut und wichtig für die Erneuerungs­fähigkeit der Gesellschaft“, so Eva Leipprand, Bundesvorsitzende des VS.  „Zwar nimmt die  Bedeutung der Kreativität weltweit zu, der Gewinn aber verlagert sich auf die Intermediäre. Autorinnen und Autoren als Garanten der kulturellen Vielfalt sind das schwächste Glied in der Wertschöpfungskette. Der Zusammenschluss im Netzwerk Autorenrechte dient der Stärkung unserer Position.“
Autorinnen und Autoren brauchen genau jetzt eine Lobby“, erklärt Netzwerk-Initiatorin und Beirätin des PEN-Präsidiums, Nina George. „Ob gegenüber Politik, Verlagen, Bibliotheken, Digitalunternehmen, Geräteherstellern oder Gesetzgeber. Der transfer of value, der Wertetransfer weg von unseren Leistungen, hin zum monopolisierten Inhalteverteiler ist ein Thema, dem wir uns heute engagiert widmen müssen – damit die Autorinnen der Zukunft weder von Mäzenen noch Subventionen abhängig sind.“
Janet Clark, Präsidentin der Mörderischen Schwestern sieht ebenfalls dringenden Handlungsbedarf: „Plattformregulierung, der Schutz persönlicher Rechte im digitalen Raum und die Wertschätzung unserer Leistungen sind Themen, die Autorinnen neben Handwerk und Honorar beschäftigen. Mehr denn je ist politisches Einmischen nötig.“

Das Netzwerk Autorenrechte hat in seiner konstituierenden Gründungssitzung folgende Prioritäten für gemeinsame Aktivitäten beschlossen: 

  • die Interessensvertretung für gerechte Honorare und Verträge,
  • die Stärkung der Wertschätzung der Kreativität in unserer Gesellschaft,
  • den Schutz der Autoren mit dem Ziel der Schaffung vergleichbarer Rechte der Autoren in der digitalen Welt wie in der analogen,
  • den Schutz vor Plattformen durch Schaffung von Verkehrs- und Verteilungsregelungen,
  • den Schutz vor Druckkostenzuschussverlagen,
  • die  Verbesserung der  Wahrnehmung von Autorenrechten in der Politik durch ein gebündeltes Auftreten,
  • die Gewinnung von Unterstützern in der Politik, Literaturbranche, Wirtschaft und Gesellschaft.

Die zurzeit neun beteiligten Verbände

42erAutoren
Der gemeinnützige Verein zur Förderung der Literatur, besteht seit 1999 und hat über 70 Mitglieder aus dem gesamten deutschsprachigen Raum. Schwerpunkt des Vereins ist die Unterstützung von Autoren und Autorinnen auf ihrem Weg vom Beginn des Schreibens bis zu erfolgreichen Veröffentlichung.

Die Autorinnenvereinigung e.V.
Die Autorinnenvereinigung ist das einzige deutschsprachige Netzwerk für Autorinnen über alle Genre-Grenzen hinweg. Ihr Hauptaugenmerk liegt auf mehr Selbstbewusstsein von Frauen für ein freies künstlerisches Leben und die Präsenz von Autorinnen in der literarischen Welt.

Bundesverband junger Autoren und Autorinnen (BVjA)
Der BVjA wurde im Jahre 1987 gegründet und hat das Ziel arrivierter und aufstrebender deutschsprachiger Literatur Wege zu ebnen. Der gemeinnützige Verein zählt bundesweit etwa 500 Mitglieder und hat seinen Sitz in Bonn. Statement Tobias Kiwitt: „Ich verbinde mit dem NETZWERK AUTORENRECHTE, dass in Berlin und Brüssel ab nun auf Deutschlands Kulturschaffende gehört wird.“

Die Mörderischen Schwestern e.V.
Der Verein setzt sich für die Förderung der von Frauen verfassten, deutschsprachigen Kriminalliteratur ein. Mit ca. 450 Mitgliedern ist es die größte europäische Vereinigung von Krimiautorinnen und Bücherfrauen. 

PAN
Das Phantastik-Autoren-Netzwerk (PAN) e.V. ist ein junger und schnellwachsender Verein, der Autorinnen und Autoren deutschsprachiger Phantastik-Literatur vertritt. Qualität und hohe Professionalität, aber auch die Liebe zur literarischen Phantastik und die Bereitschaft, sich für ihre Interessen zu engagieren, stehen für die Ziele der Mitglieder.

PEN
Das PEN-Zentrum Deutschland ist eine der weltweit 150 Schriftsteller­vereinigungen, die im Internationalen PEN (Poets, Essayists, Novelists) vereint sind. Die Charta des PEN verlangt von seinen Mitgliedern das Engagement für Presse- und Meinungsfreiheit, die Bekämpfung von Rassen-, Klassen- und Völkerhass sowie die Förderung von unabhängiger Literatur über alle Landesgrenzen hinweg.

Das Syndikat
Das Syndikat mit rund 750 deutschsprachigen Krimiautorinnen und Autoren hat das Ziel, deutschsprachige Kriminalliteratur zu fördern, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben sowie für die Mitglieder ein Forum des Austauschs zu schaffen. 

TSWTC
Three Seas Writers’ and Translators’ Council (TSWTC) ist an das internationale Schriftstellerzentrum in Rhodos angegliedert und widmet sich der grenz- und gesellschaftsüberschreitenden Zusammenarbeit sowie den immer wieder auftretenden Problemen der Schriftsteller und Schriftstellerinnen.

VS – Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller
Der VS vertritt als Berufsverband in ver.di seit 1969 die Rechte und Interessen der Autorinnen und Autoren (und der Übersetzerinnen und Übersetzer) gegenüber den Verlagsverbänden, der Bundespolitik und der europäischen Politik. Künstlersozialkasse, Normverträge und Bibliothekstantieme sind wesentliche Errungenschaften des VS. Bundesvorsitzende: Eva Leipprand.

 

FOTO: ©bibo Loebnau

  v.l.n.r. (vorne) Nina George (PEN Beirätin), Imre Török (Vize-Vorsitz­ender VS), Cordula Hamann (42er Autoren), Jana Jürß (Sprecherin Das Syndikat), Eva Leipprand (Bundes­vorsitzende VS), Ute Hacker (Vorsitz­ende Autorinnenvereinigung), Dorrit Bartel (42er Autorinen). v.l.n.r. (hin­ten) Jo Kramer (Redaktion Initiative Fairer Buchmarkt), Tobias Kiwitt (Sprecher BVjA), Gino Leineweber (Präsident TSWTC), Lena Falkenhagen (PAN), Janet Clark (Präsidentin Mörderische Schwestern e.V.)