Deine Krimis zeichnen sich durch starke Charaktere aus – Täter wie Ermittler wirken oft vielschichtig und innerlich zerrissen. Wie kam es zu dem Charakter Lana Beck?
Vor Jahren fragte mich eine Freundin, ob ich auch Krimi könne, was ich todesmutig bejahte. Wir entwickelten eine Idee für „Lana Beck und der Tote im Maisfeld“, denn vor ihrer Terrasse gab es ein riesiges Maisfeld. Aus diesem alkoholgeschwängerten „Brainstorming“ wurde kurz danach der erste Band der Lana-Beck-Reihe. Meine Hauptfigur war dabei grob angelehnt an eine iranisch-stämmige Kollegin, gepaart mit eigenen Erfahrungen aus Niederbayern. Inzwischen hat sich Lana weiterentwickelt – Von der verantwortungslosen, jungen Ermittlerin zur versierten Hauptkommissarin mit Familie, die nach etlichen Brüchen und traumatischen Erfahrungen ihren eigenen Weg geht. Apropos Trauma, ich wurde oft geschimpft, dass ich den Vater ihres Sohnes habe sterben lassen. Aber ganz ehrlich, ich konnte nichts dagegen tun. Ich schreibe intuitiv, ohne Plot. Es passiert, was passiert. Plötzlich war er tot. Erschrocken habe ich ihn wiederbelebt, aber umsonst. So entwickeln Figuren ihre eigene Geschichte. Das liebe ich.
Viele Kriminalromane sind mehr als nur spannende Unterhaltung – sie halten der Gesellschaft einen Spiegel vor. Welche gesellschaftlichen Themen oder Konflikte spielen in deinen Geschichten eine besondere Rolle, und warum?
Meine Krimis haben sich ungeplant zu gesellschaftspolitischen Zeitdokumenten entwickelt. Sie greifen die Themen auf, die die Gesellschaft im jeweiligen Jahr bewegt haben, Themen, mit denen ich mich intensiv auseinandergesetzt habe. Dabei war und ist mir sehr wichtig, dass unterschiedliche Ansichten zu Wort kommen. Von der Flüchtlingsgeschichte im ersten Band (Lana Beck und der Tote im Maisfeld, 2017), über die Querdenkerszene (Lana Beck und der tote Querdenker, 2020) bis hin zum Politikermobbing (Lana Beck und die Tote im See, 2023) findet man in meiner Krimireihe alles, was Menschen in den letzten Jahren geprägt und beeinflusst hat.
Gerade leidet meine Ermittlerin, die eine dezidierte Meinung vertritt, unter der aktuellen Entwicklung und versteht nicht, wie es so weit kommen konnte. Wie man trotzdem nicht verzweifelt, sondern sein Leben weiterlebt, wie man die gesellschaftliche Spaltung, die man auch im Freundeskreis spürt, zu überwinden sucht, davon soll ihre Geschichte erzählen.
Wie sehen deine aktuellen Projekte aus?
Band 10, Lana Beck und der Tote auf der Hochalm, nimmt bereits Gestalt an. Nach einer Sommerpause starte ich nun wieder voll durch. Mein Ziel ist eine Veröffentlichung im Dezember. Als Selbstverlegerin bin ich jedoch auf meine Korrekturleserinnen und das Coverdesign meines Mannes angewiesen – der Zeitplan ist also vermutlich etwas zu ambitioniert. Trotzdem freue ich mich sehr auf diesen Band, der im spannenden Münchner Werksviertel spielt: Ein junger, aufstrebender Wirt, der im Auftrag der Stadt ein kleines, modernes Wiesn-Festzelt für Social-Media-affine Zielgruppen organisieren sollte, wird nach einer Party tot in der Hochalm im Werksviertel aufgefunden – erschlagen mit einem alten Wiesn-Krug. Lana Beck und Tobias Reiter müssen herausfinden, wer ihn warum und ausgerechnet dort getötet hat. War es die Ex-Freundin? Ein Instagram-Star? Oder doch ein neidischer Gastronomiekollege? Ich bin sicher: Das wird ein unterhaltsamer Fall.
Bonus
Mal ganz ehrlich: Was hältst du von Schreibkursen?
Ganz ehrlich? Schreibkurse und ich – das war eine lange, nicht immer glückliche Beziehung. Mein erster Krimi war handwerklich eine Katastrophe, also habe ich fleißig Kurse besucht und mich dadurch tatsächlich deutlich verbessert. Schreiben ist eben auch Handwerk. Allerdings fühlte ich mich bei diesen Kursen oft fehl am Platz: Mein Motto „Ich will unterhalten“ traf meist auf hochliterarisches Stirnrunzeln. Selbstverlegerin? Schnellschreiberin? – „Das kann ja nichts taugen.“ Und meine Lesevorlieben (Harry Potter!) lösten schon mal empörtes Augenrollen aus. Im Juli 2025 war ich dann bei Silvio Blatter im Haus Buchenried (VHS München), das war großartig. Blatter lässt einem viel Raum. Ich habe hundert Seiten des neuen Bandes meiner Lana-Beck-Reihe in einer Woche geschrieben. Als er mich schließlich fragte: „Was willst du eigentlich von mir? Du brauchst mich doch gar nicht“, wusste ich: Ich bin wohl den Schreibkursen entwachsen.
Mehr über Talia Moritz und über ihre Kommissarin auf www.talia-moritz.de
Die Fragen stellte Sabine Griebel.
Beitragsfoto: privat
Lana Beck und die Tote im See
Lana Becks neunter Fall
kdp – kindle direct publishing, Selfpublishing
ISBN 9798339343486
September 2024