Wo der Grant zu Hause ist oder Wie im unfreundlichsten Land der Welt gemordet wird
von Katharina Eigner
Laut einer neuen Studie ist Österreich das unfreundlichste Land der Welt. Die Homebase der schlechten Laune. Fürwahr keine schmeichelhaften Neuigkeiten für diesen zauberhaften Flecken Erde voller Gipfel, Walzer und Strudel. Aber als stolze Österreicherin muss ich an dieser Stelle mit einem großen Irrtum aufräumen: wir sind nicht unfreundlich! Unfreundlich sein kann schließlich jeder und jede! Wir sind – wenn überhaupt! – dann grantig. Und Grant, das ist ein österreichisches Kulturgut. Die hohe Kunst, sein Gegenüber mit ruppigen Worten vor den Kopf zu stoßen und zugleich charmant einzuwickeln. Ein feines Gespinst aus Charisma und dem Unwillen, sich dem Schicksal, dem Finanzamt oder einer neuen Regierung zu beugen, gewürzt mit Ausdrücken, die es nirgendwo sonst gibt.
Ich bezweifle, dass man sich Grant aneignen kann – man hat ihn oder eben nicht. Und es gibt auch keine Zauberformel, nach der man einen Grantler-Trunk aus Schimpftiraden und Liebesschwüren zu gleichen Teilen brauen könnte. Eben deshalb fasziniert diese so typisch österreichische Gemütslage. Touristen ebenso wie den Tod. Der Tod muss ein Wiener sein, heißt es in einem alten Lied, und tatsächlich fällt mir keine Eigenschaft ein, die besser zum Lebensende passt als der Grant. Nicht umsonst werden ErmittlerInnen in österreichischen Krimis oft übellaunig skizziert. Mit Erfolg, übrigens, wie die Einschaltquoten des österreichischen Tatorts beweisen. Gut möglich, dass sich ein Münsteraner Gerichtsmediziner und ein radelnder Kommissar diese Kommunikationstechnik angeschaut haben. Aber ohne Gipfel, Walzer und Strudel ist es eben nur Unfreundlichkeit und kein Grant.