Weihnachtskrimi

von Katharina Eigner

 

Im September erzählte ich einer guten Bekannten von meinem neuen Vorsatz:
Dieses Jahr sind am ersten November alle Geschenke gekauft und verpackt! Neue Deadline, neues Glück. Die Gute schüttelte nur den Kopf – sie kennt mich eben besser.

Deadlines und Zeiteinteilung sind eine super Sache, wenn nicht ständig jemand dazwischen funken würde – ICH! Denn unglücklicherweise gehöre ich zu jenem Teil der Bevölkerung, der wider die Vernunft am besten unter Stress funktioniert. Kurz vor Manuskriptabgabe tüftle ich die gefinkeltsten falschen Fährten aus, knapp vor Weihnachten habe ich die besten Geschenkideen. Fast so, als ob mein ordnungsliebendes Gehirn nach Abwechslung schreit und im Dezember das Chaos sucht. Wofür ich im Herbst locker sechs Wochen Zeit gehabt hätte, muss jetzt in dreieinhalb Wochen unter Dach und Fach sein. Psychologen würden mir Selbstbestätigung durch Abenteuer attestieren: schaffe ich es oder schaffe ich es nicht?

Und weil der Mensch mit seinen Aufgaben wächst, habe ich mich diesmal mit dem ultimativen Stress-Jackpot beschenkt: Manuskriptabgabe und Geschenke besorgen zur gleichen Zeit! Mehr Abenteuer geht nicht!

Von meinem zweiten Vorsatz habe ich meiner guten Bekannten lieber nichts erzählt: ein Krimi-Adventkalender. Vierundzwanzig Kurzgeschichten, vom ersten Dezember bis zum Heiligen Abend. Jeden Tag ein kleines, gemütliches Verbrechen. Allerdings: mein Verlag hat ein Jahr Vorlaufzeit, ich müsste die Krimi-Kurzgeschichten also im Dezember abgeben. Für dieses Jahr ist der Zug wohl abgefahren, aber 2023 ließe sich das organisieren, denke ich und markiere im Kalender schon mal die Deadline. Neue Deadline, neues Glück!

Meine gute Bekannte hat übrigens den Kalender mit der Deadline entdeckt und nur den Kopf geschüttelt. „Du willst ernsthaft an jedem Tag bis Weihnachten eine Kurzgeschichte schreiben?“ „Mach ich im September“, war meine Antwort, aber sie hat nur stumm auf die Schachtel mit Weihnachtspapier und Geschenkbändern gedeutet, die seit September auf ihren Einsatz wartet. Wahrscheinlich hat sie Recht. Die Weihnachtszeit ist Krimi genug!