Von Wellness, Batterien und dem Tor zur Weisheit

von Katharina Eigner

Die einen oder anderen LeserInnen erwarten an dieser Stelle vielleicht eine heiter-besinnliche Adventkolumne. Damit kann ich leider nicht dienen.

Im Manuskriptabgabestress, mit durchgetakteten Arbeitstagen und knapp vor Weihnachten wünscht man sich ein Wellnesswochenende oder zumindest eine einsame Hütte irgendwo im Nirgendwo. Und man kann nichts, wirklich nichts weniger brauchen als Überraschungen. Aber genau das ist gestern passiert, als ich „nur schnell“ einen Brief und drei Packerl zur Post bringen wollte.

Widerstrebend und mit schlechtem Gewissen verließ ich meinen Schreibtisch, stellte das Auto vor dem Postamt ab, wich der Warteschlange clever aus und frankierte meine Post am Automaten selbst. Weniger als drei Minuten später saß ich wieder im Auto, unglaublich stolz auf die selbst erwirtschaftete Zeitersparnis. Und jetzt - zurück an den Schreibtisch!

Ich grinste über die gestressten Grantler vor dem Postamt, freute mich darauf, dem hupenden Verkehrschaos zu entschwinden und startete den Wagen. Zumindest versuchte ich, den Wagen zu starten. Wieder weniger als drei Minuten später teilte mir die freundliche Dame vom Pannendienst telefonisch mit, dass meine Autobatterie kaputt und Hilfe unterwegs sei. Wann der Techniker bei mir ankomme, könne sie nicht mit Sicherheit sagen, aber „wahrscheinlich innerhalb der nächsten neunzig Minuten.“  

Neunzig Minuten?! Was könnte ich in dieser Zeit alles schreiben, wenn ich IPad und Tastatur dabeihätte! Oder wenigstens mein Notizbuch! Natürlich war ich ohne Autoren-Ausrüstung aufgebrochen, schließlich wollte ich „nur schnell“ einen Brief und drei Packerl zur Post bringen. Die folgenden neunzig Minuten waren eine emotionale Achterbahn.

Zuerst: pure Verzweiflung. Ich heulte vor Wut, schlug auf das Lenkrad und fühlte mich hilflos. Nach einer halben Stunde klopften die ersten Parkplatzsuchenden unfreundlich und gestresst an meine Scheibe: „Das ist aber hier kein Dauerparkplatz, oder wollen Sie campieren?“ Jetzt wurde ich grantig. Wir Österreicherinnen haben das Grantler-Gen in unserer DNA. Es wartet, voll ausgebildet, wie ein Schläfer auf seinen Einsatz. Meine Reaktion auf die Fensterklopfer erwähne ich hier nicht – aus guten Gründen. Nach einer weiteren halben Stunde fand ich mich mit der Kälte im Wagen und meinem Schicksal ab. Denn Gelassenheit, das predigen konfessionsübergreifend alle Gurus dieser Erde, ist das Tor zur Weisheit. Oder so. Jedenfalls aktivierte ich die Funktion „Sprachmemos“ auf meinem Handy und erzählte mir selbst, an welchen Punkten meiner Geschichte ich noch arbeiten musste. Und siehe da: dieses verbale Abklopfen meines Manuskriptes lenkte mich nicht nur von meinem Elend ab, sondern wirkte nachhaltig: ich sitze heute wesentlich entspannter am Schreibtisch und arbeite Punkt für Punkt meiner Liste ab. Ich weiß nicht, ob es eine Schutzpatronin der Autorinnen gibt, aber wenn, dann hat sie es gut mit mir gemeint. Wer braucht schon ein Wellnesswochenende, wenn man eine kaputte Autobatterie haben kann?