(Unentschuldigt) ferngeblieben

von Katharina Eigner

Grundloses Fehlen ist schlecht für das Image. Egal ob Schule, eigene Hochzeit, Lesung oder Krönungszeremonie. Zumindest bei Letzterem hat das schlechte Gewissen Pause – betonte doch König Charles extra, seine große Fete schlank gestalten zu wollen. Die Liste der geladenen Gäste war deutlich kürzer als vermutet, und so habe ich ihn – wie sich das gehört – kontaktiert und mich für mein Fernbleiben entschuldigt. Ich hatte andere Termine, aber er reagierte entspannt. Macht nichts, hat er geantwortet. Wir plaudern ein anderes Mal über Dickmaulrüssler und Brennnesseljauche. Und vielleicht wird man es gar nicht merken, dass du fehlst.

Bei einer Lesung, die nicht in alle Welt übertragen und von Katie Perry besungen wird, ist die Sachlage naturgemäß anders. Da können unschöne Terminkollisionen die Autorin dieser Zeilen schon mal auf der Lesebühne vereinsamen lassen. King Charles hatte zwar mit Motten in den Krönungsroben zu kämpfen, aber wenigstens ist sein Publikum nicht zum Feuerwehrfest oder zur Oldie-Night abgewandert. Ich muss ihn fragen, wie er das macht. Beziehungsweise wie man huldvoll reagiert, wenn der Bürgermeister vom Stuhl in der ersten Reihe aufspringt und nach fünf Minuten aus dem Lesungssaal stürmt. Unentschuldigt!

Oder wenn der Kopf des Vizebürgermeisters zur Seite kippt und er an der Schulter seiner Angetrauten meine Lesung verschläft. Auch eine Art von Fehlen. Unentschuldigt!

Zumindest dieses Problem konnte ich mehr oder weniger elegant lösen: Mikro lauter drehen und Buch zuknallen.

Nach diesem Abend hatte mein Ego leichte Schürfwunden und ich sinnierte über das massive Ungleichgewicht zwischen Lokalprominenz und Literatur. Die These erhärtete sich, als am nächsten Tag der Ortshäuptling aus der Zeitung lachte (Bericht über das gelungene Feuerwehrfest).

Vielleicht sollte ich demnächst einen Feuerwehr-Krimi schreiben. Und bei nächster Gelegenheit König Charles um Katie Perrys Nummer bitten.