von Ann-Sophie Aigner

And the winner is...

Erfolgreiches Schreiben ist unisex - dachte ich zumindest. Bis ich genauer hinsah und zu der ernüchternden Feststellung kam: der deutsche Buchmarkt ist fest in männlicher Hand. Dabei gibt es auf dem Buchmarkt so viele hervorragende deutschsprachige Autorinnen wie Herta Müller, Judith Herrmann, Juli Zeh, Ingrid Noll, Nele Neuhaus, Nina George, Ursula Poznanski oder Kerstin Gier, um nur ein paar zu nennen. Sehe ich mir die aktuelle Spiegelbestsellerliste im Taschenbuch an, so erkenne ich, dass diese überwiegend von Frauen dominiert ist. Dort lese ich vertraute Namen wie Jojo Moyes, Anne Jacobs oder Donna Leon, aber auch Jussi Adler Olsen. Mehr als zwei Drittel der Käufer sind weiblich. Das Buch dient der Unterhaltung und gehört zum Leben einfach dazu. Frauen können und wollen sich auf Geschichten einlassen, sich treiben lassen, eine Auszeit vom Alltag nehmen. Ihre Empathie ist vielleicht auch der Grund, warum beinahe 80% der in der Buchbranche Angestellten weiblich sind.
Entscheidungsträger dagegen, die über Hardcover, Feuilletonbesprechungen oder Preise bestimmen, sind zu 90% männlich.
Diese Beobachtungen lassen nur eine Frage zu: Ist es verwunderlich, dass prämierte Bücher mehrheitlich den Männern zufallen?
Da wären zum Beispiel die Buchpreise. Große und kleine, regionale, landes- oder bundesweite Preise werden gerne und medienwirksam verliehen. So können sich auch AutorInnen im Markt positionieren, die eine Nische bedienen.
Prinzipiell eine super Sache: Jeder kann daran teilnehmen und sich im fairen Wettstreit miteinander messen. Soweit die Theorie.
Erst kürzlich wurde ein Buchpreis im Norden verliehen. Von knapp dreihundert Einsendungen schafften es vier Autoren auf die Shortlist. Ich spare mir an dieser Stelle das - und Autorinnen - es gab nämlich keine. Auch die Jury bestand zu Zweidrittel aus Männern.
And the winner is... Überraschung - ein Mann!
Dieses Ergebnis wiederholt sich bei eben diesem Buchpreis nun zum fünften Mal. In Folge. Aber, hey, ein Schelm, wer jetzt an Mauscheleien denkt. In den acht Jahren seit Bestehen dieses Buchpreises, gab es immerhin eine Gewinnerin! Gut, bei diesem Buchpreis handelt es sich um einen Sachbuchpreis, aber das alleine kann doch nicht bedeuten, dass es keine weiblichen Experten gibt. Ruhig Blut meldet sich nun mein Engelchen auf der Schulter. Noch lohnt es sich nicht, sich aufzuregen.
Das kommt jetzt! Die Preisträger "Deutscher Krimipreis" der letzten 11 Jahre waren national 26 Männer und sieben Frauen. Hier gewannen bei den Männern fünf Mal Friedrich Ani und drei Mal Oliver Bottini. Die Jahre 2014 und 2015 stechen mir besonders ins Auge, da wurden die ersten drei Plätze national ausschließlich von Männern belegt. Bei den Frauen belegte Andrea Maria Schenkel, 2007 und 2008 in Folge den ersten Platz, und Merle Kröger war ebenfalls zwei Mal unter den ersten Drei. International gab es in demselben Zeitraum ebenfalls 26 Männer und sieben Frauen als Preisträger. - Zufall? - In den Jahren 2008, 2009 und 2010 waren alle Preisträger männlich. Dann folgte erneut eine zweifache Prämierung von Sara Gran in den Jahren 2013 und 2016. Empfinde nur ich hier ein Ungleichgewicht?
Mein Engelchen hat jedenfalls alle Mühe mich im Zaun zu halten. Liegt es nun daran, dass Männer die besseren Autoren sind? Mal überlegen... Nein! Schon gar nicht in der Häufigkeit. Es beschleicht mich zunehmend das bittere Gefühl, dass Autorinnen mehr geduldet als gefördert werden. Getreu dem Motto: Sie gehören halt dazu und man(n) will mal nicht so sein.
Autorinnen sind hart arbeitende, ernst zu nehmende, ebenso kreative und - ja, erfolgreiche! - Köpfe wie ihre männlichen Kollegen. Würde ich gefragt werden, was man machen kann, um dieses Missverhältnis zu entkrampfen, hätte ich klare Antworten.
Müssen ausschließlich Frauen gewinnen? Nein.
Sollten mehr Frauen in der Jury sitzen? Ja.
Sollte unabhängig vom Geschlecht des Verfassers gewertet werden? Unbedingt.
Ich weiß, dieser Punkt ist schwierig, stehen doch Name und Bild auf dem Buch. Dennoch sollte sich ein Jurymitglied nicht davon leiten lassen, ob der Verfasser ein y - Chromosom besitzt. Es ist noch ein langer Weg bis zur kreativen Gleichberechtigung, doch alles Jammern hilft da nix. Aktiv werden dagegen schon. Sei es, durch die Mitarbeit in der neu gegründeten Frauen-AG Sister Hood der Mörderischen Schwestern, oder durch das Sammeln und Melden von Erfolgsgeschichten, oder die Besetzung der Romane mit vielen klugen Frauen, um die auch in der fiktionalen Welt bestehende männliche Sichtweise etwas geradezurücken. Also, Krönchen richten, weiterschreiben und das Beste aus sich rausholen.
Niemand kann uns unterkriegen, schon gar kein Mann.

Eure Ann-Sophie