Drei Fragen an ... Brigitte Pons

23.07.2021 – Brigitte Pons schreibt unter verschiedenen Pseudonymen. Wie ihr Schreiballtag mit mehreren Identitäten aussieht, erzählt sie im Interview.

Dich kennt man nicht nur als Brigitte Pons, sondern auch als Isabella Esteban und  nun auch als Margherita Giovanni. D.h. du schreibst verschiedene Reihen unter einem offenen Pseudonym – deswegen dürfen wir es hier auch verraten. War das eine Idee von dir oder kam das vom Verlag? Wie bist du auf die Namen gekommen?

Als mein Verlag mit dem Wunsch nach einem Pseudonym an mich herantrat, war ich wenig begeistert – schließlich stehe ich zu dem, was ich schreibe. Und ganz ehrlich: den eigenen Namen gedruckt auf einem Cover zu sehen, ist eine Streicheleinheit für jede Autor*Innen-Seele! Folglich habe ich mit gemischten Gefühlen zugestimmt und zuerst sogar befürchtet den Bezug zu meinem Buch zu verlieren und mich nicht an einen „fremden“ Namen gewöhnen zu können. Doch das war unbegründet. Der Trick: Mein erstes Pseudonym Isabella Esteban basiert auf den Vornamen meiner Kinder. Damit wurde es zu einem Teil von mir. Was lag da näher, als beim zweiten Mal meine Eltern als Margherita und Giovanni mit ins Boot zu nehmen? Inzwischen finde ich das ganz witzig und kann mit der offenen Variante gut umgehen. Ob es fürs Marketing hilfreich oder notwendig ist, sollen die Profis beurteilen. Es finden sich immer Argumente dafür und dagegen. 

Wie sieht dein Schreiballtag aus? Sitzen quasi drei Personen am Schreibtisch und arbeiten an verschiedenen Manuskripten oder trennst du deine verschiedenen Identitäten strickt und löst einen Fall nach dem anderen?

Drei an einem Tisch? Das gäbe ein schönes Durcheinander! Zumal es auch stilistische Unterschiede gibt, konzentriere ich mich beim Schreiben lieber nur auf ein Projekt, das dann ganz wörtlich den kompletten Raum einnimmt. Von „ordentlicher“ Trennung würde ich dabei nicht sprechen. Mein Plotplan entsteht auf Papier. Auf Papierchen – präzise: Auf einem Haufen kleiner Schnipsel, die ich mit Stecknadeln an einer Papptafel anbringe und umsortiere bis alles Sinn ergibt. Dazwischen mogeln sich immer auch Ideen zu anderen Geschichten, die plötzlich auftauchen, wenn ich sie gar nicht gebrauchen kann. Vielleicht ist das die höhere Form des Prokrastinierens? Eine Übersprungsleistung des Gehirns, wenn es dort hakt, woran ich eigentlich arbeiten sollte. Übrigens: Hausarbeit – die ich nicht mag – hilft mir meistens schnell ein akutes (kleines) Schreibtief zu überwinden. Bügeleisen an und die Knoten lösen sich wie von selbst.

Nach Odenwald und Barcelona geht es nun an die Adria der 1950er Jahre. Worum geht es in deinem neuen Krimi?

Frieden, Freiheit, Wohlstand! Die heile Welt der 1950er Jahre, wie wir sie aus Filmkomödien kennen, wirkt oft „putzig“ und unschuldig, was natürlich Unsinn ist. Dieses Spannungsfeld zwischen Erwartung und Realität auszuloten war ein besonderer Reiz. Der klischeebeladene Blick der deutschen Urlauber, die Vorurteile der Italiener; gesellschaftliche Strukturen, die in Bewegung geraten, aber im Kern an Traditionen kleben. Gerade auf Frauen war der äußere Druck hoch: Kurze Hosen sind nur beinah eine Revolution; Freundinnen, die mit dem Roller gen Süden reisen, noch längst nicht wirklich emanzipiert. Genau hier setzt meine Figur Federica an, eine junge Witwe, die sich wenig um das Urteil anderer schert. Sie verkörpert den echten Aufbruch, den Widerstand gegen das überholte Frauenbild – das als „normal“ zu reproduzieren mir nicht leicht fiel. Eine Herausforderung – und ein Hintergrund mit Potential. Davor platziere ich eine Leiche in traumhafter Kulisse. Was will man als Autorin mehr?

Mehr über Brigitte Pons - zum Autorinnenprofil.

(Die Fragen stellte Sybille Baecker.)

Aktuelle Neuerscheinung:
Adria Mortale – Bittersüßer Tod
Margherita Giovanni
Lübbe  Belletristik
ISBN 978-3-7857-2738-6