Drei Fragen an … Frauke Buchholz

03.12.2021 – Frauke Buchholz wurde für ihren Debütkrimi mit dem Harzer Hammer ausgezeichnet – auf das außergewöhnliche Thema ihres Krimis stieß sie eher per Zufall.

Mit „Frostmond“ ist in diesem Jahr dein erster Kriminalroman erschienen, für den du im September mit dem „Harzer Hammer“ ausgezeichnet worden bist. In dem Roman befasst du dich u.a.  mit Frauen indigener Herkunft. Wie kamst du auf die Idee, einen Krimi zu diesem Thema zu schreiben?

Das Seltsame ist, dass ich – als ich mich 2014 zum ersten Mal an das Schreiben eines Kriminalromans heranwagte – noch nie etwas über das Thema der verschwundenen und ermordeten Frauen in Kanada gehört hatte. Auf der Suche nach einer interessanten Location, die ja das Ambiente eines Krimis sehr prägt, kam ich auf Montreal, eine Stadt, die mich in ihrer Mischung aus französischer und angloamerikanischer Kultur schon immer fasziniert hat. Ich hatte zunächst die vage Idee einer ermordeten Stadtindianerin als Opfer, dachte an einen Serientäter und begann, im Internet über Morde an Frauen in Kanada zu recherchieren. Zufällig stieß ich dann auf einen Zeitungsbericht, in dem über den Transcanada-Highway und die Verbrechen an indigenen Frauen berichtet wurde – das Thema hatte mich gefunden!

Wie bist du bei der Arbeit an deinem ersten Roman vorgegangen? Bist du eher der Typ „learning by doing“ oder hast du dich vorher eingehend mit dem Thema Krimi schreiben befasst?

Ich habe vorher nur Kurzgeschichten geschrieben, doch das Kreieren von Suspense, das Abgründige im Alltäglichen und die Ambivalenz und Fragilität zwischenmenschlicher Beziehungen stehen auch in meiner Kurzprosa immer im Mittelpunkt. Ich habe mich nie theoretisch mit dem Schreiben beschäftigt, sondern arbeite rein intuitiv. Die meisten meiner Kapitel in FROSTMOND sind wie Kurzgeschichten entstanden, sehr dicht geschrieben und sehr nahe bei den Protagonisten, denen ich in ihrem Denken und Handeln einfach folge, ähnlich einer Schauspielerin, die sich in eine Rolle einfühlt. Dabei konnte ich gerade bei den Kapiteln, die aus der Ich-Perspektive des jungen Cree-Traditionalisten Leon erzählt werden, von meinen eigenen Erfahrungen in einem Cree-Reservat profitieren. Ich hatte jedoch nie einen Master-Plan und habe mich von Kapitel zu Kapitel vorangehangelt. Dass es zum Schluss funktioniert und eine logische Handlung ergibt, gehört für mich zu den Mysterien der Kreativität.    

Warum hast du dich für das Krimigenre entschieden?

Der Krimi bietet wie kein anderes Genre die Möglichkeit der Auseinandersetzung mit dem Bösen, den Schatten in uns selbst, aber auch in der Gesellschaft. Es ist für mich der – zwar vergebliche und rein fiktionale – Versuch, Kontrolle über den alltäglichen Terror und das Grauen zu gewinnen, die Fäden in der Hand zu halten und am Ende sogar eine Art Gerechtigkeit herzustellen, sei es durch persönliche Rache oder die Überführung des Mörders. Das hat für mich etwas ungemein Befriedigendes, und ich glaube, dass der Krimi nicht zuletzt deshalb so beliebt ist. Außerdem wollte ich das Thema, das mich sehr berührt hat, einem breiteren Publikum vermitteln, und das funktioniert mit einem Krimi sehr gut.

Zum Autorinnenprofil von Frauke Buchholz.
Homepage: www.frauke-buchholz.com
(Die Fragen stellte Sybille Baecker.)

Aktuelle Veröffentlichung:

Frostmond
Frauke Buchholz
Pendragon Verlag
ISBN 978-3-86532-723-9