Drei Fragen an … Beate Ferchländer

25.06.2021 – Beate Ferchländer liebt Humor und hätte gern den schwarzen Gürtel in einer Kampfsportart. Und das ist längst nicht alles ...

Du schreibst Kriminalkomödien, gern mit weiblichen Heldinnen, die jedoch nicht immer ganz gesetzeskonform handeln. Gerade ist dein vierter Roman „Die Apfelstrudelmisere“ bei Emons erschienen. Wer ist die Person, die hinter diesen Krimis steckt?

Wer ich bin - das ist eigentlich völlig uninteressant. Ich kann euch aber erzählen, wer ich gerne wäre. Zum Beispiel wäre ich liebend gerne in einem exotischen Land aufgewachsen, spräche fließend mehrere Sprachen und hätte den schwarzen Gürtel in einer Kampfsportart. Ich hätte in meiner Jugend gemodelt, alle Drogen und sexuellen Spielarten dieser Welt ausprobiert, beherrschte die Schauspielerei, Malen, Paragleiten und Boxen, außerdem hätte ich ein Jahr in einem tibetanischen Kloster meditiert.
In Wirklichkeit packt mich die Sehnsucht nach diesen Dingen nur selten, ich bin mit meinem biederen Lehrerinnen-Mutter-zweier-Kinder-glücklich-verheiratet-Dasein rundum zufrieden, aber es würde sich in meiner Bio toll machen. Sämtliche Fernsehsender würden sich um einen Interviewtermin mit mir reißen, meine Büchertische wären in Sekunden geleert, und ich würde mir die Finger wund signieren!
Ihr seht: Ich hab immer schon eine blühende Fantasie gehabt. Deswegen schreibe ich ja auch.

Nachdem, was du alles gern wärst, wären sicher auch andere Genres für dich denkbar gewesen. Warum hast du dich schlussendlich für das Krimigenre entschieden?

Ich war schon immer schlecht, wenn es ums Treffen wichtiger Entscheidungen ging. Studiere ich lieber Sprachen oder Naturwissenschaften? Nehm ich das Schnitzel mit Salat oder lieber doch die Ente auf Orange? Huch! Der Fußabdruck! Rote Beete Quiche? Die gelbe oder die grüne Bluse? Nö, blauer Sweater. Oder?
Deshalb kommt mir das Krimi-Genre so entgegen. Hier kann ich praktisch alles hineinpacken, was mir gerade so in den Sinn kommt. Humor und Tragik. Hass und Liebe. Aktuelles oder Historisches. Politisch Brisantes wie Hochnotpeinliches. Süße Mehlspeisen und scharfe Schüsse. Und etwas Böses fällt mir immer ein. Warum wählen Menschen einen inkompatiblen Partner? Auf welche Weise - notfalls mit unerlaubten Hilfsmitteln - könnte so eine Bindung unauffällig und doch dauerhaft gelöst werden? Dieses Genre lässt jede Frage und jede Antwort zu!
So ganz nebenbei hat Mord am Papier auch etwas Kathartisches. Gut für meine Umwelt!

Hast du literarische Vorbilder?

Ja. Eine ganze Menge! Was den Krimi betrifft, ist es vor allem Ingrid Noll. Nicht nur, weil auch sie erst jenseits der 50 zu schreiben begonnen hat wie ich, sondern, weil mich ihr Humor einfach überwältigt. Man lasse sich zum Beispiel folgenden Satz auf der Zunge zergehen: „Trotz seiner fünfundfünfzig Jahre war der Chef immer noch ein häßlicher Mann.“ (Ingrid Noll: Der Hahn ist tot, Kap. 4). Was für ein Bild!
Ingrid Noll zeigt auf so wunderbar elegante und doch schlichte Weise, dass das Böse in uns allen ruht. Ihre Krimis sind zum Schaudern schön, ohne dass Blut aus den Seiten quillt. Spannung erwächst einzig und allein aus durchschnittlichen Charakteren, die von ihr in missliche Lagen gebracht werden. Morde und Befreiungsschläge scheinen unumgänglich. Das ist für mich Unterhaltung pur!
Und genau das - nämlich Unterhaltung - ist es, was auch ich meinen Leser*innen bieten will.

Mehr über Beate Ferchländer: Zum Autorinnenprofil

Website: http://beate-ferchlaender.at

(Die Fragen stellte Sybille Baecker.)

Aktuelle Neuerscheinung:
Die Apfelstrudelmisere
Beate Ferchländer
Emons-Verlag
ISBN 978-3-7408-1117-4