Katharina Lukas

Die religiös geprägten bayerischen Flüche sind ein Faible von Katharina Lukas, insbesondere deren gottesfürchtige Abwandlungen. Die gebürtige Niederbayerin studierte in München Philosophie und schrieb als Journalistin über Film, Musik und Mode. Mehrere Jahre arbeitete sie als Korrespondentin in London, später wurde sie Chefredakteurin einer Fernsehzeitschrift. Als Ghostwriterin verfasst sie Biografien von Privatpersonen und Firmengeschichten. Sie lebt mit ihrem Mann, einem Musiker, in München. »Herrschaftszeiten no amoi!« ist nach »Sacklzement!« ihr zweiter Kriminalroman um die trinkfeste Cold-Case-Reporterin Gundi Starck.

NEU in 2022: Herrschaftszeiten no amoi!

Wiesn-Verschwörung im neuen Wiesn-Krimi. Der zweite Fall für die trinkfeste Münchner Reporterin Gundi Starck:
Auf der Bühne, auf der das traditionelle »Ozapft is!« zur Eröffnung des Münchner Oktoberfests stattfinden soll, wird der „Wurstkönig von der Wiesn“ ertränkt in einer Wanne mit Saublut aufgefunden. Zur Tat bekennt sich ein Geheimbund, der an ein Komplott der Münchner Bierkonzerne glaubt. Reporterin Gundi Starck erkennt die Verknüpfung mit einem ungelösten Wiesn-Mord aus dem Jahr 1985. Damals kostete der Kampf gegen Schankbetrug einen Kommunalpolitiker das Leben. Ist in München eine heimliche Biermafia am Werk?

Sacklzement!

Im niederbayerischen Hintersbrunn ist etwas faul. Das ist für Gundi Starck nichts Neues. Die Reporterin aus München ist der Enge des Dorfes vor Jahren entflohen, nun ist ihr Vater dort unter merkwürdigen Umständen ums Leben gekommen. Eine Skulptur, die an eine Gräueltat aus dem Zweiten Weltkrieg erinnern soll, hat ihn zu Tode aufgeregt. Während der Beerdigung macht ein Dorfbewohner im Wald eine grauenvolle Entdeckung. Gundi wittert eine Story und tritt dabei ausgerechnet ihrem Jugendschwarm und Dorfkrösus Django auf die Füße. Was hat er zu verbergen?

Lesung

Interview mit Katharina Lukas im IN München

Ortsgespräch

Krimiautorin Katharina Lukas: „Mich faszinieren menschliche Abgründe“

12.10.2021

Gewusst wie: Im düsteren Niederbayern-Roman „Sacklzement“ zieht Katharina Lukas vom Leder. Zusammen mit ihrem Mann, Blues-Guru Dr. Will, zelebriert sie wilde Lesungen.

Frau Lukas, Ihrem „Sacklzement“-Roman merkt man an, dass er deutlich mehr ist als nur die Fingerübung einer geschulten und erfolgreichen Schreiberin. Was hat Ihnen denn den letzten Ruck gegeben, einen doch eher düsteren Niederbayernkrimi mit einer starken, vermutlich eigenerspürten Aura zu schreiben?
Als Journalistin bin ich ein wenig in der Welt herumgekommen. Das Dorf in Niederbayern, in dem ich aufgewachsen bin, habe ich früh und mit fliegenden Fahnen hinter mir gelassen. Aber die Heimat verlässt einen nicht. Egal wo ich bin, hadere ich immer am meisten mit Dingen, die ich auch im Dorf schon gehasst habe: Beschränktheit. Intoleranz. Unfreiheit. Jetzt musste das alles einfach mal raus, glaube ich.

Sie kennen die kleinen Orte, die vielleicht malerisch aussehen, in denen aber oft mehr als nur der Haussegen schief hängt und in denen vieles wegverdrängt wird vor neugierigen Blicken offenbar recht gut. Wie schwer kann es sein, wenn man so auf dem Land aufwächst?
Das Dorf, in dem ich groß geworden bin, hatte nichts mit alpenländischer Idylle zu tun. Eher mit Hühnerfarmen und katastrophalen Busverbindungen. Und mit Anpassungsdruck. Da musste man dazugehören. Du musstest sein wie die anderen, sonst warst du echt verratzt. Ich habe schon als Jugendliche jede kleine Flucht in die Stadt wie einen Freiheitsrausch genossen.

Natürlich gibt es viele Krimis, die im ländlichen Raum spielen und Lokalkolorit haben. Welche Falle wollte Sie vermeiden, in welchen Kuhfladen nicht treten?
Allzu volkstümlich oder gar folkloristisch zu sein, wollte ich vermeiden. Ich wollte das Dorfleben nicht romantisieren. Auch wenn es auf dem Land normalerweise nicht so kriminell zugeht wie in „Sacklzement!“: Mich faszinieren die menschlichen Abgründe. Die heimlichen Gemeinheiten. Im Mikrokosmos Dorf findet man das schön konzentriert: Die Engstirnigen. Die Selbstgerechten. Die Unterwürfigen. Auch meine Heldin Gundi Starck ist manchmal überheblich und manchmal naiv.

Sie waren ja lange fest im Geschirr des professionellen, journalistischen Schreibens. Wie viel befreiender ist es, wenn man mal ganz den eigenen Gedanken und Schreibplänen folgen darf?
Das war großartig! Kein Zeilen-Korsett! Das Schönste am Romanschreiben ist aber die kreative Freiheit. Anders als im Journalismus ist man ja nicht der Wahrheit verpflichtet. Man kann seine Protagonisten mit Lottogewinnen zuschütten oder den Gegenspieler mit einem juckenden Ausschlag bestrafen. Und man kann die Arschlöcher einfach umbringen!

Trotzdem: Fällt es als Profi nicht manchmal besonders schwer, einfach loszulegen, weil man selbst so viele Texte redigieren oder ganz umschreiben musste und die eigenen Schreibansprüche an sich selbst hoch sind?
In Gedanken hörte ich beim Schreiben oft meine früheren Kollegen raunen: Ist dieses Adjektiv wirklich nötig? Kann man aus der Nebensatzkonstruktion zwei Hauptsätze machen? Am Anfang meiner Schriftstellerei dachte ich tatsächlich, dass ich nie mehr als eine Kurzgeschichte zusammen bekommen werde. Einfach weil ich mich selbst jahrelang auf Kürze getrimmt habe.

Wie haben Sie sich Ihr Arbeit eigentlich zurechtgelegt: Kann man wirklich einfach drauflosschreiben oder braucht es einen Regie-, Ablauf- und Arbeitsplan für einen Roman?
Ich bin erstmal tatsächlich einfach reingesprungen und habe losgelegt. Dann hatte ich eine Flut von Textfragmenten und keinen Plan. Bald habe ich gemerkt, dass Ordnung im Kopf echt Vorteile hat und legte mir einen Handlungsablauf zurecht. Was mich dann echt überrascht hat: Die Figuren haben ein Eigenleben. Ich hatte das schon vorher von anderen Schriftstellern gehört, aber nie so recht geglaubt. Doch es stimmt: Es gab beim Schreiben Momente, an denen ich den fein zurechtgelegten Ablaufplan in die Tonne treten musste. Einfach, weil Gundi sagte: „Das mach ich bestimmt nicht!“

Natürlich drängt sich der Eindruck – und der Wunsch bei vermutlich nicht wenigen Lesern auf -, dass es mit weiteren „Cold Cases“ in eine Gundi-Starck-Zukunft geht. Auf was darf man sich jetzt schon freuen?
Ja, es wird einen weiteren Krimi mit Gundi Starck geben, in dem sie wieder einem ungelösten Verbrechen auf die Spur kommt. Diesmal wird er in München spielen, meiner zweiten Heimat. Denn in der Großstadt gibt es ja auch viele menschliche Untiefen. Die Selbstgefälligkeit der Mia-san-mia-Mentalität, zum Beispiel …

Sie gehen aktuell ja auf Lesetour – teilweise auch begleitet von Ihrem Mann und seinen Musikerkollegen. Wie fühlt sich das an, plötzlich vor Publikum zu lesen und zu sprechen?
Ich liebe es zu lesen. Am meisten Spaß macht es natürlich mit der musikalischen Begleitung von Dr. Will und Saschmo. Deren Blues passt zu „Sacklzement!“, weil auch er sich selbst nicht ganz so ernst nimmt. Da wird so ein Vorleseabend dann zu einem unterhaltsamen Hörspiel mit Geschichten, Spannung, Groove und Humor. Das ist sehr schön.

Dr. Will, ihr Mann, wirkt nicht, als ob ihn Schüchternheit quält. Ist das bei Ihnen öffentlich auch so, und welche Tipps kann man sich von ihm eventuell gegen das Lampenfieber abschauen?
Ja, das stimmt: Will braucht die Bühne! Sobald er eine Bühne betritt, wird er zu diesem Voodoo-Doktor und Entertainer Dr. Will, der alles aus sich herausholt. Dass er immer nur das macht, was er wirklich liebt und wofür er echt brennt, ist vielleicht sein Geheimnis gegen Lampenfieber. Das versuche ich mir von ihm abzuschauen. 

Interview: Rupert Sommer